Lundsgaard

Die dramatische Kindheit der Schriftstellerin Agnes Henningsen 

Im Alter von sechs Jahren wurde das Gutsverwalterhaus auf Lundsgaard das neue Zuhause von Agnes Henningsen. Sie hatte gerade ihre Mutter verloren, und ihr Vater verfiel zusehends dem Alkohol. Ihre letzte Erinnerung an das Gut war eine Liebesaffäre mit ihrem Onkel. 

Agnes Henningsen war als Schriftstellerin berühmt und berüchtigt wegen ihrer liberalen Gesinnung und freien Sexualmoral. Ihr berühmtestes Werk mit ihren Erinnerungen umfasst ganze acht Bände. 

Im ersten Band beschreibt Agnes Henningsen u. a. ihr Leben als Kind eines Gutsverwalters in den 1870ern und 1880ern auf Lundsgaard.  

Agnes Henningsen hatte eine privilegierte und auch sehr behütete Kindheit. Die meisten Bücher waren für sie verboten, und auch von Informationen über das Erwachsensein blieb sie verschont. Sie war ein naives, stets neugieriges und fröhliches Mädchen.

Die neue Mutter 

Als Agnes Henningsen das erste Mal mit der Familie zum Gut Lundsgaard fuhr, saß sie mit ihren Schwestern und deren früherer Lehrerin in einem Wagen. Die Lehrerin war die neue Mutter der Mädchen. So jedenfalls sollte sie nach dem Willen des Vaters genannt werden. Die echte Mutter der Mädchen, eine lebensfrohe Frau, war ein Jahr zuvor im Wochenbett gestorben. Das Verhältnis zur ’neuen Mutter’ jedoch wurde nie wirklich herzlich. 

Den Vater hingegen liebte Agnes Henningsen sehr. Er nannte sie gern scherzhaft “Frøken Aparte”. Für ihn war Ehrlichkeit die wichtigste Tugend. Vater und Tochter konnten im Wintergarten nächtelang miteinander plaudern und dabei auf die Sterne schauen. 

Dann starb der Vater 

Der Vater liebte den Alkohol. Seine neue Frau versuchte zwar, ihm das Trinken abzugewöhnen, aber er wollte bzw. konnte nicht. Es hatte ihn ein Vermögen gekostet, den abgewirtschafteten Boden von Lundsgaard wieder fruchtbar zu machen. Er war sowohl finanziell als auch körperlich am Ende, als er mit nur 43 Jahren starb. Jetzt war Agnes Henningsen Vollwaise. Und ihre Zeit auf Lundsgaard vorbei.   

Fast.   

Sie verliebte sich nämlich in den 23jährigen Bruder ihres Vaters, der bis zum Auslaufen des Pachtvertrages beim Verwalten mithelfen sollte. Ihre Gefühle wurden von ihm erwidert, weshalb er auch die Verlobung mit einer anderen löste. Die Familie war außer sich, als sie vom Verhältnis der beiden Familienmitglieder erfuhr, und schickte die 15jährige Agnes Henningsen in eine Erziehungsanstalt.  

Gesammelt und verfasst von Linda Corfitz